Leitfaden: Beteiligung von Kirche an öffentlichen Planungsprozessen im Sozialraum

  • Warum meldet sich Kirche in Planungsprozessen zu Wort?
  • Welche rechtlichen Rollen hat sie?
  • Welche gesellschaftlichen Rollen kann sie einnehmen?

Drei Argumente:

  • Kirche ist Teil des Gemeinwesens und gestaltet dieses mit. Dabei ist sie nicht nur für die Menschen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld da, sondern kooperiert auch mit anderen Akteur*innen im Sozialraum. Öffentliche Planungsprozesse wirken sich auf das Gemeinwesen aus. Sie können die Lebensqualität in den Dörfern und Städten verbessern, aber auch beeinträchtigen. Durch Mitwirkung können Kirchengemeinden und Dekanate Planungen dahingehend beeinflussen, dass sie möglichst positive Auswirkungen für die Menschen im Sozialraum sowie zum Erhalt der Schöpfung haben.
  • Christ*innen stehen in der Mitverantwortung für eine gemeinwohlorientierte und nachhaltige Entwicklung. Sie setzen sich für soziale Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung ein und nutzen dafür Mitwirkungsmöglichkeiten in öffentlichen Planungsprozessen. So kann Kirche ihre gesellschaftliche Verantwortung praktisch umsetzen.
  • Beteiligungsmöglichkeiten in öffentlichen Planungsprozessen sind verbriefte Rechte unserer Demokratie. Indem Kirchengemeinden diese Rechte wahrnehmen und auch andere Menschen motivieren sie zu nutzen, stärken sie das demokratische System. Demokratische Diskurse zu geplanten Vorhaben sind wichtig, um um die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie aufzuzeigen.

     
Gesellschaftliche Verantwortung der Kirche

Drei rechtliche Rollen: 

  • Kirche als Träger öffentlicher Belange: Gottesdienst und Seelsorge sind öffentliche Belange, die von den örtlichen Kirchengemeinden und Religionsgemeischaften öffentlichen Rechts vertreten werden. Deshalb wird die Evangelische Kirche als "Trägerin öffentlicher Belange (TöB)" in Bauleitplanverfahren zu diesen Belangen formell beteiligt.
  • Kirche als Betroffene: Kirchengemeinden, Dekanate und andere kirchliche Einrichtungen können als Grundstückseigentümer von Vorhaben und Planungen betroffen sein. Sie können sich in dieser Rolle an Planungsprozessen beteiligen, wenn die Nutzbarkeit ihrer Grundstücke durch die Planung eingeschränkt wird. Als Grundstücksnachbarinnen werden sie auch im Genehmigungsverfahren angehört.
  • Kirche als Teil der Öffentlichkeit: Kirche ist Teil der Gesellschaft und des Gemeinwesens. Sie kann sich als ein Teil der Öffentlichkeit in vielfältige Planungsprozesse einbringen, unabhängig davon, ob eine direkte Betroffenheit vorliegt. In der Praxis kommt es häufig zu einer Überlagerung der rechtlichen Rollen.'
     

Drei gesellschaftliche Rollen:

  • Kirche als Mahnerin: Kirche kann sich als gesellschaftliche Akteurin mit eigenen Positionen einbringen. Sie ist dabei Mahnerin für soziale Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung und setzt sich für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung ein.
  • Kirche als Mittlerin: Gemeinwohlorientierte Entwicklung erfordert einen Ausgleich unterschiedlicher berechtigter Interessenslagen. Kirche kann als Mittlerin an einem fairen Interessensausgleich mitwirken. Diese Rolle kann fachliche Informations- und Bildungsangebote ebenso umfassen wie die Moderation oder Mediation bei konfliktbelasteten Themen.
  • Kirche als Motor: Gesellschaftlich wichtige Prozesse kann Kirche proaktiv positiv verstärken. Sie kann Planungs- und Dialogprozesse anstoßen und immer wieder vorantreiben.
Planungsprozesse und Anlässe für Beteiligungen
  • Aus welchem Anlass kann sich Kirche beteiligen?
  • Welche verschiedenen Planungsprozesse und Beteiligungsmöglichkeiten gibt es?

Die Anlässe, zu denen Kirche mit Beteiligungsverfahren konfrontiert wird, können sehr unterschiedlich sein:

  • Größere "raumbedeutsame" Vorhaben wie z. B. Windkraftanlagen, Industrieanlagen, Straßen oder Kiesabbau werden geplant und entsprechende Planungs- und Genehmigungsverfahren durchgeführt.
  • Kommunen, Kreise, LEADER-Regionen etc. erarbeiten Stadt- oder Regionalentwicklungskonzepte, aber auch fachliche Strategien für Klimaschutz, Mobilität, Wohnen.
  • Flächennutzungs- oder Bebauungspläne, Landesentwicklungs- oder Regionalpläne werden neu aufgestellt oder fortgeschrieben. Wichtig ist, den Planungsprozess und die damit verbundenen Beteiligungsmöglichkeiten zunächst einzuordnen. Dabei wird zwischen formeller und informeller Planung und Beteiligung unterschieden.
  • Was ist bei der Mitwirkung in Beteiligungsprozessen zu beachten?
  • Worin liegen wichtige Erfolgsfaktoren?

     

Auskünfte hierzu gibt der Leitfaden "Beteiligung von Kirche an öffentlichen Planungsprozessen im Sozialraum"


Dr. Dr. h.c. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN sagt im Vorwort:

"Den Frieden und Segen Gottes wirken zu lassen bedeutet, den Sozialraum wahrzunehmen, in dem Menschen zusammenleben. Und es bedeutet, die wechselseitige Angewiesenheit zu sehen, zu gestalten und sich so am Gemeinwohl zu orientieren. Das heißt insbesondere, die Schwachen nicht sich selbst zu überlassen. Denn im Vertrauen auf Gott und auf seine Liebe zu allen Menschen ist genug für alle da.

Der vorliegende Leitfaden überträgt die Botschaft des Propheten Jeremia ganz praktisch in unsere komplexe Zeit. Ich danke den Mitarbeitenden des Zentrums Gesellschaftliche Verantwortung, den drei beteiligten Dekanaten und allen, die 3 an diesem Leitfaden mitgewirkt haben, herzlich für ihr Engagement. Diese Zusammenarbeit und dieser Leitfaden zur Mitwirkung in öffentlichen Planungsprozessen konkretisieren einen wichtigen Leitgedanken aus unserem Zukunftsprozess ekhn2030. Die Kirche hat den Auftrag, das Evangelium, die Botschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen, in dieser Welt in Wort und Tat zu leben und zu bezeugen. Das geschieht ganz wesentlich dann, wenn wir "der Stadt Bestes suchen", das heißt, wenn wir uns am Gemeinwohl orientieren und das Zusammenleben mitgestalten - dort, wo Gott uns hingeführt hat und leben lässt."