Beim entscheidenden Aufschlag bleibt der Tennisball im Netz hängen, das Match ist verloren und mit voller Wucht kracht plötzlich der Tennisschläger auf den Boden. Totalschaden. Bei einer Demo werden Pflastersteine aus dem Boden gegraben und fliegen dann prompt in Schaufensterscheiben oder auf die Plexiglasschilde der Polizei. Totalausfall? In einem Kaminzimmer auf der Wartburg schmettert Martin Luther dem Teufel ein Tintenfass entgegen, das an der Wand in tausend Stücke zersplittert (so zumindest der gut gepflegte Mythos). Total verrückt?
Ob das jetzt vernünftig oder richtig ist, darüber können wir streiten, aber in jedem dieser Würfe liegen starke Gefühle – in entscheidenden Momenten. Gefühle der Wut, des Scheiterns, der Ohnmacht, der Angst, des Zweifelns oder des Alleinseins. Von diesen entscheidenden Momenten haben wir, glaube ich, reichlich und mit Blick auf die weltpolitische Lage könnte ich etwas resigniert sagen, als ob „die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen“. Entscheidende, kritische Momente haben wir aber auch genügend vor Ort, in unseren Kirchen und Gemeinden und natürlich im Privaten. Mal richtungsweisend, mal alltäglich, mal verbunden mit überschäumenden Emotionen und Manches ist uns auch nur noch egal. Die entscheidende Frage ist dabei: womit wirfst du? Was ist dein Tennisschläger? Was ist dein Pflasterstein? Was ist dein Tintenfass?
Luther singt zuversichtlich und fröhlich, dass nur ein Wort von Gott jede menschliche Logik fällen kann. Ein Wort: Gnade. Gott betrachtet jeden von uns Menschen liebevoll, und das trotz Versagen, trotz Wut und trotz Ohnmacht in den entscheidenden Momenten. Mich befreit das ein Stück weit von übermäßigem Leistungsdruck, vom Recht-haben-Müssen und es rückt mir die Sicht auf meine Mit- und Gegenmenschen zurecht.
Für andere und mich selbst versuche ich mal, mit mehr Gnade und Nachsicht um mich zu werfen. Tintenfässer sind sowieso selten geworden.