Sonntagswort: Verdammt nah dran

Sarah Stieler-Schenk

Irina Vöge, Pfarrerin in Bad Vilbel, schreibt einen Impuls zum zurückliegenden Hessentag.

Verdammt nah dran an den Menschen – das waren wir als Kirche in Bad Vilbel beim Hessentag in der Quellenkirche. „So muss Kirche sein!“, sagte eine Besucherin und sprach mir damit aus der Seele. Ich finde, nah dran am Menschen sind wir ganz oft – aber selten so sichtbar, wie auf dem Hessentag, bei dem viele, trotz des anstrengenden Anstiegs von der Frankfurter Straße hoch, hineingespült wurden in die Quellenkirche. Nicht nur die kamen, die sowieso oft hier sind, nicht nur die, die sich zugehörig fühlen, sondern auch die Suchenden, die Kritischen, die Hoffnungslosen. Durch die offene multimediale Inszenierung konnten viele BesucherInnen biografisch anknüpfen mit ihren eigenen Lebensthemen und es kam oft zu Gesprächen, über Sorgen und Ängste, Glauben und Hoffen. Menschen teilten mit uns ihre Fragen, ihre Freude und ihre Trauer – sie wünschten sich einen persönlichen Segen, Segen für ihre Familie, als Paar oder den Zuspruch, dass Gott bei Ihnen sein möge, wenn sie in den nächsten Tagen ihre Diagnose bekommen oder bevor sie eine schwierige Entscheidung treffen müssen. Wir durften ihnen Segen zusprechen und waren live dabei, wie sie gestärkt und lächelnd weiterzogen. Verdammt nah dran – ohne Distanz.

„Ich will Dich segnen und du sollt ein Segen sein“ - Gottes Versprechen an Abraham im 1. Buch Mose gilt auch uns. Wertvoll, dass wir Gottes Begleitung und Schutz einzelnen Menschen auch heute zusprechen dürfen und die Grundlage dafür, dass auch wir Anderen zum Segen werden können.

Ich glaube, dass wir mit diesem Segen in der Quellenkirche wieder einmal ein kleines Mosaiksteinchen im großen Ganzen neu zu Leuchten bringen konnten: dass Gott all die wunderbaren Menschen liebt und auf ihren Lebenswegen begleitet, dass Gott Hoffnung und Mut über uns ausgießen will! Ein lebenspendender Zuspruch, den Viele der Kirche gar nicht mehr zutrauen. Kirche darf daran mitwirken, dies immer wieder unter die Menschen zu bringen: mit oder ohne Wasser, laut oder leise, in großen Gemeinschaftsaktionen oder ganz persönlich mit Berührung und Zeit, um zuzuhören – als Kabarett auf der Bühne oder Jugendchoraktion für Müllvermeidung, als mitreißendes Gospelkonzert oder als persönliches Segensangebot, denn Gott will „verdammt nah ran“.